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  • AutorenbildLuca Kielhauser

Inklusion kann so naheliegend sein


 Der Text wurde im Frühjahr 2023 verfasst


Offen gesagt: Eine weitläufig inklusive Gesellschaft in einem Land wie Österreich zu schaffen, ist in meinen Augen in vielen Punkten gar nicht einmal so schwierig – dabei wäre das ein bemerkenswerter Meilenstein. Wenn man sich Inklusion speziell in Bezug auf Menschen mit Behinderung anschaut, könnte ein Maßnahmenpacket mit strukturellen Verbesserungen viel bewirken. Und ja, auf dieser Ebene kostet Inklusion natürlich auch Geld.


Speichenschutz eines Rollstuhls

Das Ziel von Inklusion ist es, dass behinderte Menschen die gleichen Chancen in allen Lebensbereichen haben wie jede und jeder andere auch. Das geht aber eigentlich nur dann, wenn ich trotz meiner Behinderung dort hinkomme, wo ich hin muss und möchte. Somit ist das wichtigste Mittel, ohne das keine Inklusion stattfinden kann, Barrierefreiheit. Ich kann im Besonderen nur für Rollstuhlfahrer sprechen, aber grundsätzlich gilt das für alle Arten der Behinderung.

 


Die bauliche Barrierefreiheit als Basis


Hinsichtlich logistischer Barrierefreiheit müssen erstmal die öffentlichen Gebäude barrierefrei geplant werden, was mittlerweile bei uns schon häufig der Fall ist. Mit öffentlichen Gebäuden meine ich aber zum Beispiel auch Geschäfte und Gastronomie in Altstädten. Wenn ich mit dem Rollstuhl durch Graz oder Gleisdorf, meine Heimatstadt, fahre, ist es in den Stadtzentren kaum möglich, solche öffentlichen Räumlichkeiten zu betreten. Fast überall gibt es zwei, drei Stufen vor dem Eingang zu überwinden – ganz zu schweigen von behindertengerechten Toiletten. Hier wäre es sinnvoll, Gastronomen und Besitzer solcher Räumlichkeiten die Anforderung zu stellen, ihren Eingang für Menschen mit den weitverbreitetsten Behinderungsarten, barrierefrei zu machen (soweit das möglich ist). Oftmals handelt es sich hierbei nur um eine mobile Alu-Rampe – die angepasst wird, um den richtigen Winkel zu haben. Diese Anschaffung sollte im Idealfall vom Land oder Bund maßgeblich subventioniert werden. Eine eigene Rollstuhl-Klingel bei Eingängen ist keine Lösung, da dadurch keine Selbstständigkeit gewährleistet werden kann. Und vor allem: Wie möchte denn ein Kellner einen 150 Kilogramm schweren Rollstuhl samt erwachsenen Menschen über ein, zwei Stufen heben bzw. ziehen? Das kommt dem Eindruck nahe: „Ich muss draußen bleiben!“ – ein Schild mit dieser Aufschrift ist wohl vielen Hundebesitzern bekannt.


Viel zu oft kommt es aktuell leider vor, dass gefühlt jede einzelne Verordnung wichtiger ist, als Maßnahmen zur Umsetzung von Inklusion – obwohl sich Österreich mit der UN-Behindertenrechtskonvention dazu verpflichtet hat.

Ich weiß, in vielen Fällen wird es beispielsweise vorkommen, dass die Rampe dann einen halben, bürokratischen Meter zu weit in die Fußgängerzone ragt. Aber da bitte ich doch wirklich um eine sinnvolle Abwägung zwischen ärgerlich überflüssiger Bürokratie und dem Recht auf Inklusion. Wichtig wäre es, hier nicht wie in vielen Fällen bislang ausredenorientiert, sondern lösungsorientiert zu handeln, denn auf dem Weg zu einer inklusiven Welt wird man sehr oft vor solch einer Situation stehen. Das oben genannte Beispiel mit der Rampe ist symbolisch dafür zu verstehen.

 


Ein Fußballstadion als Beispiel für gelebte Inklusion


Außerdem sollten Planer bei baulichen Angelegenheiten im öffentlichen Raum mehr in Richtung Barrierefreiheit sensibilisiert werden. Oft braucht es logischen Hausverstand und individuelle Lösungen. Ein Rollstuhlplatz in einem Veranstaltungszentrum macht zum Beispiel keinen Sinn, wenn der Platz barrierefrei erreichbar ist, aber sich davor Stehplätze befinden. Die Idee von individuellen Rollstuhlplätzen verteilt über den gesamten Publikums-Bereich ist eine neue, die ich allen Entscheidungsträgern aber sehr ans Herz legen möchte. Ein Idealbeispiel scheint mir das neue Stadion des LASK in Linz zu sein. Dort gibt es mitten auf der Fantribüne und sogar im Sektor der Gäste-Fans vereinzelt Rollstuhlplätze – ein fantastisches, innovatives Novum – DAS IST INKLUSION.



Überdimensionale Preise für Hilfsmittel


Dann wären da noch die hohen Anschaffungskosten für Gadgets, die behinderte Menschen benötigen, um ein selbstbestimmtes Leben führen zu können. Leider sind diese oft sehr teuer, was vor allem dem Prinzip Angebot – Nachfrage geschuldet ist. Wenn ein Rollstuhlfahrer beispielsweise mit seinen Freunden ohne Behinderung eine Radtour machen möchte, benötigt er ein Handbike. Während ein normales Fahrrad ab ca. 500 Euro zu haben ist, gehen die Preise für ein Handbike schnell in den fünfstelligen Bereich. Auch durch solche enormen Preisunterschiede kann eine Gleichstellung unmöglich geschaffen werden. Nicht jeder bekommt eine Förderung der Krankenkasse oder der Bezirkshauptmannschaft. Im Idealfall wird eruiert, welchem Standard das Handbike entspricht. Dann könnte man dies kategorisieren und mit einem Fahrrad des ähnlichen Standards preislich vergleichen. Alles was über den Fahrradpreis hinausgehen würde, wird aus einem Topf bezahlt, der für solche Angelegenheiten eingerichtet wurde. So lange das Handbike benutzbar ist und keine sinnvolle Begründung für die Förderung eines neuen Handbikes besteht, würde dann eben kein neues Exemplar gefördert werden. Das könnte ich mir gut über einen umfangreichen Ausbau des sogenannten „Persönlichen Budgets“ vorstellen.


Da es den Rahmen dieses Beitrags sprengen würde, wenn ich hier weitere Punkte anführen würde, verschieben wir das auf die nächste Ausgabe. Ich freue mich darauf!



 

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Dieser Text von mir ist ursprünglich in meiner Kolumne im Straßenmagazin Megaphon erschienen.


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